Am 3. Juli 2025 fand in der Burg Stolberg die Preisgerichtssitzung zum Architekturwettbewerb für den Neubau des Rathauses der Kupferstadt Stolberg statt. Das Preisgericht, bestehend aus 11 Preisrichtern, Vertretern des verfahrensbegleitenden Büros sowie weiteren Beisitzern, hatte die Aufgabe, aus insgesamt 14 anonymisierten Wettbewerbsbeiträgen die überzeugendsten Entwürfe auszuwählen. Erst nach Abschluss der Beurteilung, der Festlegung der Rangfolge und der Preisvergabe wurden die Umschläge mit den Namen der Verfasser geöffnet.

Hintergrund und Zielsetzung

Das bestehende Rathaus aus den 1970er Jahren wurde bei der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 stark beschädigt und kann nicht mehr genutzt werden. Die Stadt entschied sich daher, einen Neubau zu realisieren, der nicht nur die gesamte Verwaltung an einem Ort bündeln, sondern auch unter Nachhaltigkeits- und Resilienzgesichtspunkten zukunftsweisend sein soll.

Zu den zentralen Anforderungen der Stadt – festgehalten in den Auslobungsunterlagen nach RPW 2013 – gehörten:

Nachhaltigkeit und Bauweise

Ein zentrales Leitmotiv des Wettbewerbs war die konsequente Ausrichtung des Neubaus auf Nachhaltigkeit. Grundlage der Planung bildet das Cradle-to-Cradle-Prinzip, das auf eine durchgängige Kreislaufwirtschaft setzt. Darüber hinaus strebt die Stadt eine DGNB-Zertifizierung in Platin an und legt großen Wert auf einen resilienten Gebäude- und Stadtraumansatz, der auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet ist.

Städtebauliche Vorgaben

Auch städtebaulich wurden klare Vorgaben formuliert: Das neue Rathaus darf eine Gebäudehöhe von maximal 20 Metern, also etwa vier Vollgeschossen, nicht überschreiten. Zudem musste die wichtige Frischluftschneise berücksichtigt werden.

Angesichts der Erfahrungen aus der Hochwasserkatastrophe von 2021 spielt die Resilienz gegen Überflutungen eine besondere Rolle: Das Erdgeschoss soll daher um rund einen Meter gegenüber dem Umfeld angehoben werden. Der Neubau soll als eigenständiger Baukörper entstehen und bewusst keine direkte Anbindung an das historische Rathaus erhalten.

Funktionale Konzeption

In funktionaler Hinsicht setzt die Stadt auf ein modernes Arbeitsplatzmodell nach dem Prinzip des Activity-Based-Working. Der Haupteingang ist dabei klar zum Kaiserplatz hin orientiert, um eine repräsentative Adresse zu schaffen. Eine eindeutige Trennung zwischen publikumsorientierten Front-Office-Bereichen und internen Back-Office-Strukturen sorgt für Klarheit in der Nutzung.

Ergänzt wird das Konzept durch ein externes Meeting-Zentrum, das Bürgerprojekten und Fraktionen zur Verfügung steht, sowie durch eine durchgängige barrierefreie Erschließung des gesamten Gebäudes.

Raumprogramm

Das Raumprogramm umfasst großzügige Publikumsflächen mit einem zentralen Empfangs- und Wartebereich sowie einen Bürgerservice mit mehreren Schaltern. Die Zahl der festen Arbeitsplätze wird durch flexible Arbeitsformen und Home-Office-Lösungen um rund 30 Prozent reduziert. Hinzu kommt eine Kantine mit Frischküche für etwa 100 Sitzplätze, die den Mitarbeitern zur Verfügung steht. Abgerundet wird das Angebot durch eine Tiefgarage, die sowohl Dienstfahrzeuge als auch zahlreiche Fahrradstellplätze aufnehmen soll.

Ergebnisse des Wettbewerbs

Nach intensiver Diskussion und Bewertung zeichnete das Preisgericht folgende Büros aus:

1. Preis – wittfoht architekten, Stuttgart (Tarnzahl 1005)

Mit Glück Landschaftsarchitektur GmbH, Stuttgart

Fachberater: sbp se | Sven Plieninger, Transsolar Energietechnik GmbH

Der Entwurf tritt im Bereich des alten Rathauses bewusst zurückhaltend auf, setzt jedoch durch eine punktuelle Überhöhung im Nordosten und den vorgelagerten Platzbereich einen markanten städtebaulichen Akzent mit klarer Adressbildung. Im Inneren gliedern Atrium und Innenhof die Räume. Die horizontale Organisation trennt Publikumsverkehr und Arbeitsbereiche deutlich.

Jurybewertung: Besonders überzeugend waren die kompakte Gebäudestruktur, das zentrale Atrium als Herzstück, die optimale Erschließung, die nachhaltige Bauweise sowie die hervorragende Umsetzung des Activity-Based-Working-Konzepts.

Neben dem ersten Preis vergab das Preisgericht gleich zwei zweite Preise, um die besondere Qualität zweier weiterer Entwürfe zu würdigen.

2. Preis – kadawittfeldarchitektur GmbH, Aachen (Tarnzahl 1003)

Mit GREENBOX Landschaftsarchitekten PartG mbB, Köln

Nachunternehmer: Kempen Krause Ingenieure GmbH (Aachen), INCO Ingenieurbüro GmbH (Aachen)

Fachberater: loomilux (Berlin)

Der dreigeschossige Baukörper mit grünen Innenhöfen ist sowohl vom Kaiserplatz als auch vom Bahnhof aus erschließbar. Im Erdgeschoss sind Front Office, Meetingzentrum und Kantine großzügig angelegt. Auf den oberen Geschossen wird das Activity-Based-Working-Konzept durch die Ausbildung von Nachbarschaften und Meeting-Points umgesetzt. Eine begrünte Dachlandschaft lädt die Mitarbeiter zum Arbeiten im Freien ein.

Jurybewertung: Positiv hervorgehoben wurden die starke städtebauliche Wirkung, die klare Funktionszonierung, die hochwertige Materialität und der großzügige Innenhof.

2. Preis – Glass Kramer Löbbert Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin (Tarnzahl 1009)

Mit bbz landschaftsarchitekten GmbH, Berlin

Ziel des Entwurfs ist die Schaffung eines einladenden Ortes, der sein Umfeld aufwertet und sowohl für Bürger als auch für Mitarbeitende eine offene, sichere und identitätsstiftende Atmosphäre bietet. Zusammen mit dem historischen Rathaus soll so ein prägnanter Auftakt für die Stadtmitte entstehen. Natürliche Materialität, sichtbares Tragwerk und eine klare Struktur unterstreichen die repräsentative, zugleich funktionale Architektur.

Jurybewertung: Besonders geschätzt wurden die elegante Baukörperformation, die durchdachte Erschließung, die qualitätsvolle Architektur und die gelungene städtebauliche Integration.

Anerkennung – Hascher Jehle Berlin GmbH, Berlin (Tarnzahl 1013)

Mit studio grüngrau GmbH, Düsseldorf

Der Entwurf gliedert den Baukörper in drei horizontal geschichtete Abschnitte, die unterschiedliche Nutzungsbereiche widerspiegeln. Ein dreigeschossiger Bürobereich in Holzhybrid-Bauweise wird durch Sockel- und Dachgeschoss gerahmt. Diese erhalten eine Sichtbetonfassade mit großzügigen Öffnungen und betonen ihre jeweilige Bedeutung.

Jurybewertung: Positiv bewertet wurden die einladende architektonische Haltung, der massive Sockel mit transparenten Obergeschossen und die innovative Holzhybrid-Bauweise.

Visualisierung des neuen Rathauses Stolberg mit heller Holzfassade und großzügigen Glasfronten am Kaiserplatz.

Bedeutung für die Stadt

Der Architekturwettbewerb zum Neubau des Rathauses der Kupferstadt Stolberg hat eindrucksvoll gezeigt, wie vielfältig und kreativ die Aufgabe umgesetzt werden kann. Alle ausgezeichneten Entwürfe berücksichtigen die hohen Anforderungen an Nachhaltigkeit, Resilienz und eine moderne Arbeitswelt.

Derzeit läuft das nachgelagerte Verhandlungsverfahren, an dem die drei Preisträger beteiligt sind.

Am Ende dieses Verfahrens wird einer von ihnen den Planungsauftrag für den Neubau des zukünftigen Stolberger Rathauses erhalten.